So.
Auch wenn euch die Rübe platzt, ich hab jetzt mal diverse Bitumen-Artikel 'rausgesucht:
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Anmerkung von Admin:
Danke Heinz!
Hab die unfassbarsten Stellen nochmal farblich editiert
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Der Fall Scheffler / Bitumen: Der Fall Scheffler endete mit einem Vergleich
Jürgen Lachner, renomierter Verkehrsrechtler aus Hanau, vertritt den Fall Scheffler
Wie schätzen Sie den Vergleichsvorschlag ein?
Der Vergleichsvorschlag zeigt, dass das Landgericht Koblenz eine
Verschuldungshaftung ausschließlich auf Seiten des beklagten Landes sieht.
Wobei das so definitiv in dem Vorschlag nicht drinsteht.
Man hat es sehr vorsichtig ausgedrückt, aber dass dem tatsächlich so ist, zeigt sich in den Modalitäten des Vergleichs. Das LG spricht anfangs zwar immer im Konjunktiv – würde, könnte, sollte, müsste -, aber dass das LG nicht ernsthaft davon ausgeht, dass eine Verschuldenshaftung beim Motorradfahrer liegt, spiegelt sich ja darin wider, dass das LG sagt, von dieser Hypothese wolle es jetzt einmal ausgehen. Zwar zieht es wegen des »offenen Beweisergebnisses« pauschal zehn Prozent ab, aber es unterstellt nicht, dass eine Verschuldensmithaftung des Motorradfahrers ernstlich im Raum steht.
Und diese 20 Prozent, die wegen der Betriebsgefahr abgezogen werden?
Das ist eine reine Betriebsgefahrhaftung, worauf das Gericht ausdrücklich hingewiesen hat. Die trifft nach dem Gesetzt jeden, der mit einem Kraftfahrzeug an einem Unfall beteiligt ist und nicht nachweisen kann, dass dieser Unfall für ihn unabwendbar war.
Und die 10 Prozent, die zusätzlich abezogen werden?
Das LG geht bei der Verfügung davon aus, dass sowohl hinsichtlich der Schadenshöhe wie auch des Umfangs der Haftung Risiken verbleiben, und deshalb zieht es hier zehn Prozent ab. Genauso gut hätte das LG auch sagen können, wir stellen 30 Prozent bei der Betriebsgefahr in Rechnung. Die 20 Prozent sind da eher eine Untergrenze.
Wie lange hätte sich der Prozess noch hingezogen? Und wie hätte er Ihrer Meinung nach geendet?
So wie das LG sich hier geäußert hat, hätte sich der den Prozess voraussichtlich noch über Jahre hingezogen, das LG hat nämlich angekündigt, weitere Sachverständigengutachten einholen zu wollen, teilweise auch zu Fragen, zu denen der Sachverständige schon einmal Stellung genommen hatte.
Was bedeutet die Annahme des Vergleichs für die Diskussion um Reparaturen mit Bitumen?
Der Vergleich setzt das deutliche Zeichen, dass bei der Überwachung der Straße und bei den Instandhaltungsmaßnahmen geschlampt worden ist. Der Vergleich kann, wenngleich er kein rechtskräftiges Urteil ist,
eine warnende Funktion für alle Straßenverkehrsbehören haben, ihre Sorgfaltspflichten ordentlicher wahrzunehmen.
Es sind nun mal alles sehr kleine Schritte, auch ein Urteil wäre ein kleiner Schritt gewesen in die richtige Richtung,
damit sich Behörden gefahrenbewusster verhalten.
Die Kosten sollen 56 zu 44 Prozent zu Ungunsten Schefflers aufgeteilt werden. Ihre Einschätzung dazu?
Das liegt ganz einfach an der Schadensbezifferung, da sind Positionen geltend gemacht worden, die nach höchstrichterlicher Rechtssprechung nicht erstattungsfähig sind. Bei jeder Kostenentscheidung wird nur gefragt: Wie viel war ursprünglich eingeklagt und wie viel hat der Kläger hinterher bekommen? Das hat mit dem Verschuldensmaßstab überhaupt nichts zu tun.
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Der Fall Scheffler . . .
Bitumen: Der Fall Scheffler endete mit einem Vergleich . . .
Der Fall Scheffler
Trauriger Sieg
Das Landgericht Koblenz hat im Fall Scheffler einen Vergleich angeboten. Gerhard Scheffler hat ihn angenommen.
Er erhielt damit zwar Recht, aber sein Recht bekam er doch nicht. Die Geschichte eines »aufgezwungenen« Kompromisses.Von Norbert Sorg
Aus MOTORRAD 26/2003 Seite 44 zur Heftbestellung . . .
In Filmen, die im Mafia-Milieu spielen, kommt es mitunter vor, dass da einer sagt: »Ich mache Ihnen jetzt ein Angebot, das Sie einfach nicht ablehnen können.« Krimifreunde wissen: Rabiater kann eine Frohung nicht sein..
Deutsche Gerichte sind nicht mafiös - wo kämen wir denn da hin? Nach Sizilien etwa oder in die Bronx? Deutsche Gerichte drohen auch nicht, nein, sie weisen nur freundlich, aber bestimmt darauf hin, dass es »einer weiteren Sachverhaltsaufklärung« bedarf.
Neun Jahre nach dem tödlichen Bitumen-Unfall Joachim Schefflers ist dem Landgericht Koblenz eingefallen, dass es, um diesen Fall zu entscheiden, unbedingt wissen müsse, wo genau die konkrete »Wegrutschstelle« des Motorrads sich befunden habe. Wenn die eruiert sei, könnten die bereits eingeholten Gutachten dementsprechend ergänzt oder neue eingeholt werden. Doch selbst wenn auch diese Expertisen zu seinen Gunsten ausfallen würden, dürfe Gerhard Scheffler, der Vater des verunglückten Motorradfahrers, einen »gänzlichen Prozessgewinn« nicht erwarten, warnt die Vorsitzende Richterin Sicher dagegen seien ihm noch mehr Kosten, noch mehr Zeitaufwand.
Drei Jahre und mehr, schätzt Schefflers Anwalt, der versierte Verkehrsjurist Jürgen Lachner (siehe Interview Seite xx), könne sich der Prozess dann noch hinziehen.
Gerhard Scheffler wird im Januar 79 Jahre alt. Seit neun Jahren streitet er um die Ehre seines Sohnes, dem man anfangs unterstellt hat, er sei an seinem tödlichen Unfall selbst schuld gewesen. Gerhard Scheffler ist nicht müde geworden, er ist es nur müde, einen Prozess weiterzuführen, den er, wie die Richterin betonte, nicht »gänzlich gewinnen« kann. Heißt nichts anderes als: Natürlich können sie dieses Angebot ablehnen, aber seien Sie sich bewusst: Mehr als ich Ihnen jetzt anbiete, bekommen Sie eh nicht. Eher weniger. Und das irgendwann.
Gerhard Scheffler hat diesen Vergleichsvorschlag angenommen. Und der sieht wie folgt aus: Eigentlich bekommt er fast auf der ganzen Linie Recht. 20 Prozent von seinen Forderungen müsse er sich zwar abziehen lassen wegen der »vom Motorrad ... ausgehenden Betriebsgefahr«. Das machen Gerichte seit Jahren so. Dann nämlich, wenn der Nachweis der Unabwendbarkeit des Unfalls nicht hundertprozentig geführt werden könne. Deshalb auch das Insistieren auf die »konkrete Wegrutschstelle«. Letztlich ein sinnloses Begehren. Denn dass die Reibwerte an der Unfallstelle zu gering waren, hat bislang noch keines der mit diesem Fall beschäftigten Gerichte bezweifelt. Und gesetzt den Fall, ein neues Gutachten würde tatsächlich beweisen, Joachim Scheffler sei an einer Stelle weggerutscht, die bislang noch nicht gemessen wurde - was hätte diese Erkenntnis gebracht? Nichts. Kurz nach dem Unfall wurde die Straße neu asphaltiert. Wer will da noch nachmessen?
Irgendwie scheint sich das Landgericht der Irrwitzigkeit seines eigenen Ansinnens bewusst, denn es zieht Scheffler trotz des Fehlens dieses angeblich so bedeutsamen Gutachtens »lediglich« zehn Prozent der Schadenssumme ab - »wegen des offenen Beweisergebnisses«.
So gesehen erhält Scheffler also zu 70 Prozent Recht. Nicht nur das zeigt, so Anwalt Lachner, »
dass das Landgericht die Verschuldungshaftung ausschließlich auf Seiten des beklagten Landes sieht«. Heißt im Klartext: Das Land ist schuld.
Allerdings drängt sich der Eindruck auf,
dass das Landgericht auf jeden Fall vermeiden will, dies auch in einem rechtskräftigen Urteil zu bestätigen. Was ja vielleicht damit zusammenhängen mag, dass Landgerichte eventuell und tendenziell dazu neigen könnten, die Verantwortlichkeit beim beklagten Land als eigenem Arbeitgeber eben nur eingeschränkt sehen zu wollen.
Gewaltenteilung, so heißt es, sei eines der Fundamente dieses Staates. Es könnte sich lohnen, dieses Fundament wieder einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht wächst da irgendwo was zusammen, was definitiv nicht zusammen gehört - Exekutive und Justiz nämlich.
Nachdem er das Schreiben der Richterin gelesen und mit seinem Anwalt gesprochen hatte, rief Gerhard Scheffler bei MOTORRAD an, und er fragte, ob wir sein Einlenken als Verrat an der Redaktion, als Verrat an den Lesern, die ja das Geld für seinen Berufungsprozess gespendet hätten, sehen würden. Wir sind uns sicher, dass wir für alle Leser sprechen, als wir sagten: »Tun Sie, was Sie für richtig halten.«
Und wir halten für richtig, was Scheffler tat. Ein Angebot anzunehmen, das man nicht ablehnen darf.
Scheffler tat es weh, diesen Kompromiss anzunehmen, weil er sein Ziel nicht erreicht hat, die tatsächlich Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Und er begreift bis auf den heutigen Tag nicht,
warum zwölf Tage nach seinem Sohn ein anderer Motorradfahrer, Guido Rübhausen, an derselben Stelle der B 257 sterben musste - ein sinnloser, weil vermeidbarer Tod.
7000 Euro hat das Gericht Scheffler zugesprochen, das sind gerade mal 44 Prozent der Summe, die er eingeklagt hat.
Dass das so wenig ist, liegt auch an Versäumnissen seines vom ADAC gestellten Anwalts in der ersten Instanz, der obendrein vergessen hatte, ein Schmerzensgeld einzufordern. Einen engagierten Rechtsbeistand konnte sich Scheffler erst nach den Spenden der MOTORRAD-Leser leisten - nachdem der ADAC den Rechtsschutz für die zweite Instanz verweigert hatte.
Deshalb muss sich Scheffler jetzt beispielsweise vorrechnen lassen, dass er lediglich die Erstbepflanzung des Grabes seines Sohnes in Rechnung stellen dürfe, nicht aber die gesamte Grabpflege. Das schmerzt, weil diese »Peinlichkeiten«, so Scheffler, leichthin hätten vermieden werden können.
Das schmerzt noch aus einem anderen Grund. Da das Gericht die Forderungen Schefflers so auf 44 Prozent herunterrechnen kann, muss er – das ist nun mal die Crux der richterlichen Kostenentscheidung - 56 Prozent der Verfahrenkosten tragen. Gut 70 000 Mark haben die MOTORRAD-Leser gespendet, und das dürfte gerade so reichen für die bereits gelaufene Berufung vor dem Oberlandesgericht sowie den jetzt nicht stattfindenden zweiten Prozess vor dem Landgericht, dem das OLG schlampige Arbeit nachgewiesen hat. 35 000 Mark hat Scheffler selbst draufgelegt, jetzt kriegt er 7000 Euro zurück. Und das, obwohl er, eigentlich, Recht bekam.
Manchmal drängt sich der Eindruck auf, als mutiere der Rechts- zum Rechtsmittelstaat. Wehe dem, der in die Mühlen der Justiz gerät und keine Rechtsschutzversicherung hat. Der zahlt Gutachten und Gegengutachten, Gegengegen- und Gegengegengegengutachten, bis er schwarz oder pleite wird.
Gerhard Scheffler, ein gesetzestreuer Bürger, hätte sich früher nicht vorstellen können, einmal am Rechtsstaat zu zweifeln. Jetzt tut er es.
Lesen Sie weiter:
Bitumen: Der Fall Scheffler endete mit einem Vergleich . . .
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Bitumen – der Stand der Dinge
Die schwarze Serie
In der unendlichen Geschichte ums »Anspritzen und Absplitten« spielt jetzt der Minister mit. Als Held, Bösewicht, Statist? Seine Rolle und was bisher geschah.
Von Michael Orth und Fred Siemer Norbert Sorg
Aus MOTORRAD 17/2003 Seite 238 zur Heftbestellung . . .
Erste Folge:
Ein Schicksalsschlag?
Fängt die Geschichte damit an, dass Deutschland ein armer Staat ist? Fängt sie damit an, dass die Behörden ihre Amtspflicht verletzen? Schon. Fängt sie damit an, dass die gefährliche Stümperei mit Bitumen als »anerkanntes und übliches Verfahren« angewendet wird, Straßen zu sanieren? Schon. Oder fängt sie damit an, dass Wilhelm Ley am 9. September 1994 zur Polizeiinspektion in Altenahr fährt, um seiner Bürgerpflicht nachzukommen, Gefahr von anderen abzuwenden? Schon. Er meldet den Beamten, dass er auf der B 257 fast gestürzt sei, auf extrem glatter Fahrbahn. Ihren eigentlichen Beginn hat diese Geschichte aber erst drei Tage später, als Joachim Scheffler auf dieser extrem glatten Fahrbahn stürzt. Und als sein Vater sich nicht ab-
findet mit dem, was die Behörden ihm als Schicksal weißmachen wollen: den Unfalltod seines Sohnes. Gerhard Scheffler klagt gegen das Land Rheinland-Pfalz.
Zweite Folge:
Das Urteil
Die Beweisaufnahme war eindeutig: Straße zu glatt, Warnhinweise nicht vorhanden, obwohl Behörden informiert,
Joachim Scheffler nicht zu schnell. Logische Konsequenz: Vater Scheffler bekommt sein Recht, die Behörden müssen sich wegen Amtspflichtverletzung verantworten. Rechtliche Konsequenz:
Die Behörden dürfen sich aus der Verantwortung stehlen, und Scheffler zweifelt an der Logik des Rechts. MOTORRAD auch. Und beauftragt deshalb den Tübinger Verkehrsrechtler Professor Dr. Michael Ronellenfitsch. Der Experte schreibt ein Gutachten, das Scheffler ermutigt, in die zweite Instanz zu gehen. Obwohl ihm der ADAC den Rechtsschutz verweigert. Weil aber die Leser, von MOTORRAD aufgerufen, sich mit dem Vater solidarisieren,
kommen über 70000 Mark an Spenden zusammen. Auch in einem armen Staat nämlich ist das Recht nicht billig. Wohl aber träge. Erst 2002 entscheidet das Oberlandesgericht Koblenz:
Die erste Instanz hat schlampig gearbeitet. Sie muss noch mal ran. Und Scheffler ist jetzt exakt so weit wie acht Jahre zuvor. Sogar die Beweisaufnahme hat erneut zu erfolgen, mit Gutachten, Gegengutachten, Gegengegengutachten und und und.
Dritte Folge:
Die Aktion
Auf der Grundlage des Gutachtens, das Ronellenfitsch für die Redaktion erstellt hat, baut MOTORRAD eine Online-
Datenbank auf. Mit jedem Eintrag können die Motorradfahrer selbst etwas dafür tun, dass das »Anspritz- und Absplitt-verfahren« einmal gekippt wird. Weil die Behörden sich per Datenbank schon im Zweifelsfall und nicht erst nach einem
Unfall über den vielerorts unmöglichen Zustand des Straßenbelags informieren können. Und weil sie von MOTORRAD über jeden der mittlerweile 736 Einträge benachrichtigt wurden, per Fax.
So dass sich letztlich keiner der zuständigen Beamten mit Unwissenheit schützen kann, ein Privileg, das der Staat ohnehin nur seinen Dienern gewährt, nicht aber seinen Bürgern.Mancherorts, in Bayern zum Beispiel, hat man die Datenbank tatsächlich als Erleichterung der täglichen Arbeit erkannt. Staatssekretär Hermann Regensburger etwa empfiehlt den zuständigen Dienststellen den täglichen Blick in die Online-Liste. Um auf dem Laufenden zu sein, um schnell reagieren zu können, um Unfälle zu vermeiden. Kurz: um ihren Pflichten nachzukommen. Viele Behörden, nicht nur in Bayern, haben positiv reagiert. Oft deshalb, weil dort Motorradfahrer tätig sind.
Oft jedoch auch deshalb, weil sie für ein Problem sensibilisiert wurden, das bis dahin, offiziell, nicht mal als solches galt. Wohl aber, seitdem mehr und mehr Meldebögen auf die Schreibtische flatterten, stets mit der
selben Warnung: Bitumen, spiegelglatt, ungesichert, saugefährlich.
Mancherorts hingegen hat auch das nichts daran ändern können, dass genau so weiter gepfuscht wird wie bisher: »Was wollen Sie denn eigentlich? Das Anspritzen und Absplitten ist doch ein
übliches und anerkanntes Verfahren.« Haben solche Herrschaften doch glatt übersehen, dass es bei dieser Aktion
gerade darum geht,
dieses Verfahren
in Frage zu stellen. Ist aber leicht zu
entschuldigen. Schließlich kommen ja all die Hinweise auf gefährlich glatte Stellen von Leuten, die von der Sache viel weniger verstehen als sie selbst. Sagen sie selbst. Doch vielleicht verstehen diese sturen Besserwisser nicht, um welche
Sache es tatsächlich geht.
Wenige Tage nach Joachim Scheffler stürzt Guido Rübhausen in derselben Kurve der B 257 sich zu Tode. Harry Leugner stirbt 2002 auf der L 3053
zwischen Großaltenstädten und Erdaer Kreuz im Lahn-Dill-Kreis. Er verunglückt an einer Stelle, auf deren Gefährlichkeit
MOTORRAD die Behörden längst hingewiesen hatte. Außerdem hatte Leser
Erhard Klein seine Gefahrenmeldung nicht nur in die Datenbank eingetragen, sondern den Meldebogen auch per-
sönlich bei der Polizeidienststelle ab-
gegeben: »Absolute Gefährdung für
Zweiradfahrer, kein Splitt mehr an der Oberfläche zu erkennen, und dies über mehrere Kilometer. Geschwindigkeit in diesem Bereich unter 50 km/h bei Trockenheit und bei Nässe Straße meiden.« Darüber hinaus hatte schon die Wetzlarer Neue Zeitung über »schwere Unfälle
mit mehreren Toten in den vergangenen Jahren« berichtet. Und das mehrmals. Die zuständigen Ämter müssen also mit
den katastrophalen Bedingungen auf
der L 3053 vertraut gewesen sein. Harry Leugner nicht. Er war ortsfremd. Er hinterlässt Frau und Kind.
Vierte Folge:
Die Konsequenzen
Kurz nachdem Harry gestorben war, läuft in MOTORRAD eine Unterschriftenaktion an. Ihr Adressat: der Bundesverkehrsminister, damals Kurt Bodewig, heute Manfred Stolpe. Ihr Ziel: Der Minister selbst solle sich dafür einsetzen, dass
auf nachlässig geflickten Straßen nicht noch mehr Motorradfahrer verunglücken.
Deshalb solle er seinen Einfluss nutzen, um die Anwendung alternativer Reparaturmethoden zu beschleunigen.
Solche Methoden existieren, MOTORRAD hat sie vorgestellt (C.A.R-
Surfacer, Sto-flex), vor fünf Jahren schon, der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Wörner daraufhin eine Versuchsstrecke initiiert. Heute gibt es deren
sieben, allesamt in Bayern. Allesamt
mit positiven Resultaten. Zu diesem Ergebnis kommt Rudolf Bull-Wasser von der Bundesanstalt für das Straßenwesen (BASt) in einem Zwischenbericht. Der muss Eindruck gemacht haben. Schließlich gibt Minister Stolpe an, dass die neuen Hinweise für die Sanierung von Rissen und Nähten bereits »Ergebnisse aus den Versuchen in Bayern« berücksichtigten und »Neuentwicklungen raschen Eingang in die Praxis« fänden.
Fünfte Folge:
Die Abrechnung
Erfolg auf der ganzen Linie? Schön wär’s. Denn für den Herrn Minister zählt das »Anspritz- und Absplittverfahren« noch
immer zu den »zwölf technischen Verfahren zur Herstellung sicherer Straßenoberflächen im Rahmen der Instandhaltung«. Und das, obwohl doch die Sanierung
von Flächen mit Bitumen und aufgewalztem Splitt sich als besonders gefährlich erweisen kann. Dann nämlich, wenn nicht optimal repariert wird, das Verhältnis Splitt zu Bitumen nicht haargenau passt. Allerdings: Gut repariert wird nur gegen gutes Geld. Und dass es daran fehle,
betonen die Behörden nur allzu oft. Sie entscheiden sich deshalb nicht für die günstigste, sondern die billigste Variante zur Sanierung und vergeben den Auftrag an die Baufirma, die nicht das günstigste, sondern das billigste Angebot machen kann. Deshalb stellt die Instandhaltung durch »Anspritzen und Absplitten« nichts anderes dar, als das Billigste vom Billigen: »Die kalkulieren so eng, dass nicht einmal mehr die Zeit bleibt, den über-
flüssigen Split von der Straße zu kehren«, sagt ein Insider der Branche. Da helfen dann auch keine noch so gut gemeinten Verordnungen, wenn die zuständige
Baubehörde sich mehr ums Sparen als um die penible Umsetzung kümmert.
Sparen kann man allerdings anders: durch nachhaltiges Wirtschaften. Besser einmal richtig reparieren, selbst wenn
das geringfügig mehr kostet, als einmal pfuschen. Dann ist auf Dauer Abhilfe
geschaffen. Das rechnet sich. Auch
für Krankenkassen, Versicherungen, die Wirtschaft. Und es lohnt sich für jeden einzelnen Motorradfahrer, der nicht stirbt, als Pflegefall endet, im Rollstuhl landet oder im Krankenhaus liegt. Wenn die
Verantwortlichen das nicht kapieren, scheint Deutschland nicht nur deshalb
ein armer Staat zu sein, weil’s an Mitteln finanzieller Art fehlt.
Bitumen-Datenbank
Sicher ohne Bitumen
Aus MOTORRAD 18/2003 Seite 7 zur Heftbestellung . . .
Seit MOTORRAD 2001 die Aktion »Sicher ohne Bitumen« ins Leben rief, sammelten Biker Hinweise auf 736 Gefahrenstellen. 22000 Unterschriften gegen Bitumen wurden Verkehrsminister Manfred Stolpe überreicht. Zum 1. August schaltete MOTORRAD die Online-Datenbank ab. Dafür gibt’s in Kürze eine Bitumen-Seite mit Link-Sammlung,
den Meldebogen für die Anzeige
von Gefahrenstellen zur Weiterleitung an die Behörden sowie
den letzten Stand der Datenbank
unter
www.motorradonline.de.
Bitumen-Unfälle
Beschwerde
Aus MOTORRAD 18/1996 Seite 57 zur Heftbestellung . . .
Gerhard Scheffler zeigte die Straßenverkehrsbehörde Altenahr in der Eifel an. Wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Sein Sohn Joachim war im September 1994 auf der B 257 mit dem Motorrad tödlich verunglückt. Unfallursache: Bitumenflickerei. Einige Tage später verlor an derselben Stelle ein weiterer Motorradfahrer sein Leben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz stellte das Verfahren ein. Mit einer zweifelhaften Begründung. »Unstreitig«, so heißt es da, »sind die Unfälle ... auf die für Zweiradfahrer gefährlich gewordene Straßendecke zurückzuführen.« Dennoch habe die Straßenmeisterei ihrer Sorgfaltspflicht »erkennbar Genüge getan«. Weil sich beispielsweise der Leiter der Straßenmeisterei in der »Kfz-Schlange« befunden habe, »die sich aufgrund der Unfallaufnahme im Unglücksfalle Scheffler gebildet hatte. Bei dieser Fahrt fiel diesem Beamten eine sich aus dem optischen Erscheinungsbild der Unfallstelle ergebende Gefährdungslage nicht auf«. Das Foto unten beweist das Gegenteil. Außerdem hätten Motorradfahrer, die an derselben Stelle verunglückt seien, keine Meldung gemacht. Stimmt nicht, wie eine Unfallanzeige der Polizei Bad Neuenahr-Ahrweiler beweist: Ausrutscher an genau dieser unfallträchtigen Stelle. Aufgenommen am 14. Juli 1994, zwei Monate vor dem Tod der beiden Biker. Gerhard Scheffler hat gegen die Einstellungsverfügung Beschwerde eingelegt.