Damit ich den Artikel nicht nochmal schreiben muß, habe ich ihn kopiert. (Ich hatte ihn bei meiner Vorstellung in einem Suzukiforum gepostet, also
nicht verwirren lassen.
Deshalb möchte ich mich kurz vorstellen: Wie mein nick schon aussagt, bin ich GS-Fan. Das hat seinen Ursprung in der ersten 750er GS D, die ich aus London nach Berlin schmuggelte. Von dem Zeitpunkt an haben mich alle GS-Modelle mächtig beeindruckt. Der Grund lag und liegt in der technischen Überlegenheit der Modelle anderen Herstellern gegenüber - spezifisch auf der Motorenseite. In ihnen sah ich ein Riesen-Potential für Leistungssteigerung, da
gut dimensionierte Bauteile einen weiten Handlungsspielraum ermöglichten. Besonders die GS 1000-Motoren hatten es mir angetan. Sie waren hervorragend geeignet, die Superbike-Szene aufzumischen, was mir als Motorenbauer (jetzt im Ruhestand) -natürlich mit entsprechenden Fahrwerksherstellern und Profifahrern- auch gut gelang.
Aus dem Grunde habe ich auch diese Rubrik gewählt, um bei Euch mit einzusteigen.
(Von den gesammelten Erfahrungen konnte ich sehr viel profitieren, was ich dann für 1000er Motoren von Kawasaki anwenden konnte. Diesen Satz habe ich nachträglich eingefügt)
Das Thema Nockenwellen und Gaswechselsteuerung ist mächtig umfangreich aber eben auch mächtig interessant. Meine Erfahrungen möchte ich gerne weiterreichen, auch, wenn sie schon geraume Zeit zurück liegen. Der kleine Exkurs zu den Nockenformen soll deshalb bitte nicht als Schlaumeierei eingestuft werden, sondern dem Verständnis der Nockenwellen dienen, die ich verbaut habe.
Grob gesehen teilt sich ein Nocken in folgende Partien auf:
1. den Grundkreis; das ist der kreisförmige Abschnitt, in dem das Ventil auf alle Fälle geschlossen sein sollte. Er beträgt meist mehr als 360° Kurbelwinkel. Aber eben nur meistens. Es gibt Ausnahmen, auf die ich gleich kommen werde.
2. die Anlauframpe, sie dient dazu, das Ventilspiel ohne große Belastungen zu überwinden.
3. die Ventilbeschleunigungsphase, sie ist mit dem Hub zusammen ein Ausgangsmaß für die Fülligkeit der Ventilerhebungskurve.
4. die Verzögerungskurve; sie ist der Anteil während des Öffnes des Ventils bis zur maximalen Öffnung.
Danach erfolgt die Nockenbahn in meist umgekehrter Rehenfolge. Aber eben nur meistens und nicht generell.
Die besten Nockenwellen, die ich je beziehen konnte, hat mir Dr.Ing Schrick, Remscheid (früher Abbenrode bei Braunschweig) geliefert. Er benutzte die Serienwellen, schliff den Grundkreis kleiner und verlängerte deutlich die Anlauframpe. Durch den kleineren Grundkreis wuchs zwagsläufig der Nockenhub. Das bedeutete dickere shims
und damit Erhöhung der trägen Masse. Das kompensierte ich mit Tassenstösseln für untenliegende shims. Die andere Form des Bescleunigungsabschnittes vermied zu große Ventilbeschleunigungen bei gleichzeitig deutlich wachsender Füllkurve. Diese wurde weiter vergrößert dadurch, dass der Nockenerhebungskreis (im Bereich max.
Hub) wuchs. Zwangsläufig ergab sich auf der ablaufenden Seite eine andere Form als auf der auflaufenden Seite. Die Nocken waren alles andere als symmetrisch.
Die Auslassnocken wurden ähnlich geschliffen, jedoch mit wesentlich steileren Anlauframpen, damit die Gefahr des Ventilverbrennens gebannt wurde. Schleichend öffnende A-Ventile neigen durch Vorbeiströmen der heißen Gase schnell zum Verbrennen.
Zusammenfassend haben die Nocken wesentlich dazu beigetragen, die Motoren praktisch über den gesamten Drehzalbereich(bis zu 11200min^-1) wie Alltagsnocken fahren zu können, jedoch mit einem brutalen Leistungszuwachs.(Natürlich im Zusammenspiel mit anderen Komponenten)
Schade, dass die Firma vor geraumer Zeit von dem österreichischen Motorenspezialisten AVL,Graz, übernommen wurde. Dadurch habe ich auch keine Möglichkeit mehr, die jahrzehntelange Bekanntschaft zu nutzen.
Die Beschreibung dieser Nockenwellen sollte auch dazu dienen, das Einstellen des Ventilspiels zu betrachten. Dadurch, dass der Grundkreis deutlich kleiner ist, als 360° Kurbelwinkel (<180° Nockenwinkel) muß zwingend davon ausgegangen werden, dass in der Mitte des Grundkreises eingestellt wird.
Abschließend möchte ich noch andere Nocken erwähnen. Gute Ergebnisse und gute Alltagstauglichkeit erzielt man auch mit den Yoshimurawellen, stage 1 bis 3, wobei - wie bei den Schrickwellen auch - das Verdichtungsverhältnis heraufgesetzt werden sollte. Sonst verschenkt man zuviel Leistung, ja, es kann sogar zur einer Leistungsminderung kommen.
Albert in Wörgl/Österreich liefert Wellen für deutlichen Leistungszuwachs im oberen Drehzahlbereich, genauso Andrews/USA. Dort erhält man auch Tassenstössel für untenliegende shims. Die sind besonders dann zu empfehlen, wenn die Nocken den äußersten Rand der normalen shims berühren. Dann nämlich ist die Gefahr des Heraushebelns der Plättchen extrem groß - mit "Bombenerfolg"
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Gruß aus Berlin
Günter