Habe mal erbarmen mit euch
Die Kraft der zwei Säuren
So kann es ergehen: Ein Anflug von Begeisterung erhellt das müde Haupt. Sollte die stundenlange Sucherei auf dem Teilemarkt, inklusive der dampfenden Socken, doch nicht vergebens gewesen sein? Das Objekt der Begierde lacht einem schon entgegen: ein Tank, formschön und wie geschaffen für das geplante Restaurations- oder Umbauprojekt.
Doch der Blick in die Tiefe des Benzinkessels erstickt den aufkeimenden Enthusiasmus direkt wieder im Keim. Das Schätzchen führt ein unerwünschtes Innenleben - im Dunkeln blüht der Rost. Aber kein Grund zur Panik! Man kennt ja die tollen Stammtischweisheiten.
Steine oder Murmeln in das gute Stück füllen und schütteln
bis sich die Glieder biegen. Zu mühselig? Es soll auch welche geben, die den mit Steinen gefüllten Tank durch den Betonmischer jagen. Selbst wenn's helfen sollte, tauscht man lediglich das eine Übel gegen das nächste aus. Statt innenliegender Rostpickel, hat man jetzt außenliegende Beulenakne.
Wer's leichter, effizienter und ohne Beulen mag, für den hält die Chemie eine echte Lösung parat. Das Verfahren ist recht simpel und beruht auf der Kraft der zwei Säuren. Salzsäure macht dem Rost den Garaus, und Phosphorsäure verhindert dessen erneutes Aufblühen. Nur sind diese ätzenden Flüssigkeiten nicht überall so leicht zu bekommen. Salzsäure findet man meist dort, wo auch Dachdeckerbedarf angeboten wird. Ansonsten sind die Säuren im Chemikalienhandel und notfalls in der Apotheke (sehr teuer!) zu besorgen. Kostenpunkt je nach Bezugsquelle: ab 8€ aufwärts. Es versteht sich von selbst, dass mit den Chemosäften äußerst vorsichtig umgegangen werden sollte. Selbst die Dämpfe können die Atemwege reizen. Volle Schutzmontur (Schutzbrille, Gummihandschuhe und Atemschutzmaske) ist daher angesagt, um unnötige Gefahren zu vermeiden.
Der Anschaulichkeit halber haben wir einen aufgeschnittenen Tank genommen, der für ein Umbauprojekt gedacht ist. Da er so richtig schön rostig war, ließ sich das Verfahren daran gut demonstrieren.
Und so geht man vor:
Es ist fast wie beim Wäsche waschen.
Quasi im Vorwaschgang wird der Tank von innen gesäubert. Dreck und eventuelle Ölreste spült man am besten mit Verdünnung raus. Den Vorgang mehrmals wiederholen. Bevor die Säureattacke beginnt, gilt es den Benzinhahn in Sicherheit zu bringen. Die scharfen Säuren würden den Leichtmetallhahn inklusive Gummidichtungen erbarmungslos annagen. Er wird also abgebaut, und die Öffnung durch einen Kunststoffstopfen hermetisch abgeriegelt, ebenso der Tankverschluss.
Der Hauptwaschgang findet unter Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln, und wegen der Dämpfe am besten draußen statt. Dabei werden zwei Liter 30%-ige Salzsäure in den Tank gekippt. Je nach Wirkungskraft ein bis zwei Stunden drin lassen. Zwischendurch immer mal wieder vorsichtig schütteln, damit auch jeder Winkel des Tanks erreicht wird. Ist das Werk vollbracht, Salzsäure wieder ablassen. Jetzt ist der Tank innen metallisch blank, und wir kommen zum Weichspülgang.
Um die Metallfläche vor erneuter Oberflächen-Korrosion zu schützen muss direkt im Anschluss ein Liter
20%ige Phosphorsäure hinein geschüttet werden. Diese sollte ein Stunde lang wirken, und ab und an auch geschüttelt werden.
Füllt man anschließend Benzin in den Tank, kann man das Teil ohne zusätzlichen Rostschutz getrost ungenutzt lassen.
War der Rost bereits so gefräßig, dass bei der Behandlung kleine Löcher entstanden sind, empfiehlt es sich, diese hartlöten zu lassen (siehe rechtes Bild).
Die Chemikalien können bei den örtlichen Sondermüllannahmestellen entsorgt, oder extrem stark verdünnt (ein Liter Säure auf 15 Liter Wasser) in die Kanalisation gekippt werden, da sie biologisch abbaubar sind.
Noch ein Tipp von Tom: Das Ganze funktioniert auch mit Salzsäure, Phosphorsäure, manchen WC-Reinigern oder einfachem 5% Essig. Danach sofort gründlich neutralisieren (Seifenlauge, Salmiakgeist o.Ä.). Mit Spiritus nachspülen, schnell trocknen und leicht einölen - sonst rostet das Zeug schnell wieder. Vorsicht ist bei Spalten geboten: hier kann die Säure nicht so gut ausgespült werden, was zu starkem Spaltrost führen kann.
Tank mechanisch entrosten
Wer den Tank nicht mit Säure entrosten möchte, der kann auch die etwas mühsame mechanische Methode wählen.
Vorbeugen
Der beste Rost ist der, der gar nicht entsteht. Wasser sammelt sich gerne am Tankboden und führt dort zur Korrosion. Wenn man dem Kraftstoff im Verhältnis 1:20 Spiritus beigibt, wird das Wasser gebunden und mitverbrannt.
Vorbereiten
Zunächst muss man den Benzinhahn entfernen und mit einem Stopfen oder altem Benzinhahn gut verschließen. Auch einen alten Tankdeckel sollte man verwenden.
Schweißen oder löten
Müssen Löcher verschweißt oder gelötet werden müssen alle Benzinreste restlos entfernt werden. Das kann man übrigens sehr gut mit Aceton erledigen. Man füllt einen Liter der Flüssigkeit in den Tank, schüttelt gut durch und wartet etwa 1 Stunde. Danach wird das Aceton abgelassen und der offene Tank etwa 24 Stunden abgelüftet. Jetzt sind alle gefährlichen Dämpfe verschwunden und es kann gefahrlos mit einem Brenner gearbeitet werden.
Schleifkörper einfüllen
Dann wird der Tank zu etwa 30 - 50 % mit Schleifkörpern gefüllt. Verwendbar sind z.B. Stanzabfälle aus Edelstahl, feiner Kies (Korngröße 1 - 2 cm), Glassplitter, Keramikbruch oder auch sogenannte Spax-Schrauben aus dem Baumarkt . Dazu kommt noch etwa 0,5 - 1 Liter Petroleum. Auf keinen Fall darf man Waschbenzin nehmen, denn die Feuergefahr ist zu hoch.
Schütteln oder drehen
Ist der Tank dicht verschlossen, beginnt der schwierige Teil, denn jetzt heißt es: Schütteln bis die Arme weh tun. Dabei muss der Tank immer etwas gedreht werden.
Man kann sich aber auch eine schlaue Vorrichtung bauen und den Tank in eine Maschine einbauen (z.B. Fräsmaschine) und langsam drehen. Oder man umwickelt ihn gut mit einer Decke und steckt ihn in einen Betonmischer (Rührarme abpolstern, da es sonst zu Dellen kommt) oder die häusliche Waschmaschine (..kann aber Ärger geben!).
Eine tolle Idee ist es auch, den Tank zwischen zwei großen Holzscheiben zu verspannen. An den Scheiben befestigt man Achsen und daran zwei Zugstangen. Zieht man diese Vorrichtung hinter sich her, hat man eine sehr wirksame Reinigungswirkung.
Natürlich kann man den Tank auch sandstrahlen. Das ist aber auch arbeitsaufwändiger und teurer, da man die Arbeiten einem Spezialbetrieb anvertrauen muss.
Säubern und Trocknen
Nach etwa 0,5 - 1,5 Stunden ist der Tank innen wieder blitzblank und man kann die Schleifkörper entfernen. Nachspülen mit frischem Petroleum wäscht die letzten Reste heraus und die Trocknung erledigt man am Besten mit einer Heißluftpistole.
Danach sollte man den Tank schnell montieren und mit Benzin füllen, damit sich nicht wieder Flugrost bildet.
Text von mein Namens Vetter Michael www.gs-classic.de